100% Baumwolle, waschbar bis 60 Grad, auch das Bügeleisen darf bis auf 200 Grad hochfahren, das sind keine Angaben zu Krimimasters karierter Tischdecke, aber zu einem Objekt, das dank Aufhängung einerseits als Geschirrtuch taugt, aber viel besser auf dem Spieltisch landet. Die Zeiten von Skaiplänen, die man ständig gegenrollen musste, sind vorbei, jetzt darf man gegen Knicke auf der Leinenwäsche angehen.
Was soll diese profane Einleitung, wo mir das Spiel doch tiefsinnige Abschweifungen zu den vier edlen Wahrheiten des Buddhismus ermöglichen würde? Sie soll ganz simpel hinführen zu einem hervorragenden Zweipersonenspiel von Lookout, das Trevor Benjamin und Brett J. Gilbert entwickelt haben. Die beiden englischen Autoren nutzen farbenfrohe MANDALAs nicht zeichnerisch, nicht durch ein Legespiel, wie es Ferdinand Hein einst gemacht hat, sondern für ein taktisches Kartenspiel.
Die Genialität guter Spiele ergibt sich aus minimalem Regelaufwand und wachsender Spieltiefe. Eben dies gelingt den beiden Autoren mit MANDALA. Mit 108 Spielkarten in sechs Farben und einem einfachen Spielablauf auf dem Geschirrtuch ergeben sich spannende Duelle.
Die Spieldecke enthält zwei zentrale Mandala-Bereiche, in die Karten gespielt werden müssen, von dort wandern Teile in persönliche Wertungsflüsse und in Punktekelche. Jeder startet mit sechs Karten, zusätzlich landen verdeckt zwei auf dem jeweiligen Kelch. Im Zentrum der beiden Mandalas werden je zwei Karten offen aufgedeckt. Danach beginnt das Kartenduell. Der aktive Spieler legt entweder eine weitere Karte in ein Mandala-Zentrum und zieht maximal drei Handkarten nach. Dabei muss er auf das Limit von acht Karten achten. Alternativ darf er beliebig viele Karten einer Farbe in dem ihm zugewandten unteren Teil des Mandalas spielen. In beiden Fällen darf er Farben, die an anderer Stelle in diesem Mandala vorkommen, nicht nutzen und er muss prüfen, ob eines vollendet ist. Das tritt immer dann ein, wenn alle sechs Farben zu sehen sind. In diesem Fall wird die Kartenkonstellation in der Spielfeldmitte aufgelöst. Verteilt werden nur die ins Zentrum gespielten Karten. Alle anderen regeln mehrheitlich, wer den ersten Zugriff erhält. Taucht eine Farbe erstmalig in der persönlichen Sammlung auf, landet sie im Flussbereich der Spieler, der definiert, wie viele Punkte einzelne Farbkarten für sie wert sind. Die erste Farbe bringt einen Punkt, die sechste beendet das Spiel und wertet diese Farbe mit sechs Punkten. Taucht eine Flussfarbe später erneut auf, landet sie gleich auf dem Kelch.
Das sind schon alle Regeln. Am Ende, das gleichfalls eintritt, wenn der Zugstapel leer ist und noch ein Mandala gewertet wird, zählen nur die Kelch-Karten, die im Fluss nicht. Eine gute Kartenverwaltung ist wichtig für MANDALA. Stets müssen eigene und fremde Optionen im Blick behalten werden, wenn man selbst eine Wertung auslöst oder der Gegner kurz vor einer steht. Da schielt man auf hohe Flusspunkte, aber auch auf Überschüsse für den eigenen Kelch. Manchmal muss man sogar drei Karten einer Farbe opfern, um den ersten Zugriff zu bekommen, damit der Gegner nicht viele Karten mit Fünfer-Wertung in seinen Kelch bekommt. Das Taktieren um die Mandala-Wertung ist immer spannend. Nicht mit in der Wertung zu sein, ist nicht zu empfehlen. Die wenigen Regeln ergeben eine Spieltiefe, die man so anfangs gar nicht erwartet. Lookout dürfte im Bereich der Spiele für zwei Personen mit MANDALA an den Erfolg von Rosenbergs PATCHWORK anknüpfen. Ein herausragendes Spiel, das ich gerne ab sofort täglich spiele.
Wertung: Gerne morgen wieder
Titel: MANDALA
Autoren: Trevor Benjamin, Brett J. Gilbert
Grafik/Design: Klemens Franz
Verlag: Lookout Spiele
Alter: ab 10 Jahren
Spielerzahl: 2
Spielzeit: ca. 30 Minuten
Preis: ca. 22 Euro
Spiel 61/2019